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Schnarchen und obstruktives Schlafapnoesyndrom

Harald Kenzian, Robert Birnbacher (Villach)

Bei weiten Teilen der Bevölkerung gilt das Schnarchen im Kindesalter immer noch als süße Eigenheit der lieben Kleinen, dass dahinter eine ernstzunehmende Erkrankung stecken könnte, ist kaum jemandem bewusst. Dem betreuenden Kinderarzt fällt somit die Aufgabe zu, durch aktives Nachfragen das Problem zu erkennen und gegebenenfalls die notwendigen Konsequenzen einzuleiten.

Etwa 20% unserer Kinder schnarchen, die Hälfte tut dies regelmäßig. Schon aus der Erwachsenenmedizin sind Schnarchen und nächtliche Unruhe als ein Leitsymptom für schlafbezogene Atemstörungen bekannt. Mit der Weiterentwicklung und kindgemäßen Adaptierung von Untersuchungsmethoden ist es in den letzten Jahren verstärkt gelungen, die Bedeutung von kindlichem Schnarchen zu erkennen.

Formen des kindlichen Schnarchens

  1. Das primäre, habituelle Schnarchen
    Es ist die Folge von Vibration des weichen Gaumens, Zunge und Pharynxhinterwand bei erhöhtem Atemwegswiderstand. Es besteht gute Expertenübereinkunft darüber, diese Form des Schnarchens als unproblematisch zu werten, wenngleich es einzelne Hinweise gibt, dass auch diese Kinder zu Defiziten neigen können.

  2. Das Upper Airway Resistance Syndrom des Kindes
    Als eigene eigene Einheit oder als Vorstufe zum Obstruktiven Schlafapnoesyndrom treten hier typischerweise in den Schnarchphasen vermehrte Arousals (kurzzeitiges Auftauchen aus einer tiefen Schlafphase) auf, die die Mikroschlafarchitektur verändern.

  3. Das obstruktive Schlafapnoesyndrom (OSAS), zirka 10-20% aller Schnarcher
    Hier kommt es zusätzlich zu vollkommenem oder teilweisem Verschluss der oberen Luftwege im Rahmen der angestrengeten Einatmung, begleitet von Unruhe, Arousals, Kurzzeiterwachen, Hypoxien, Herzfrequenzalterationen und Hyperkapnien. OSAS kann in allen Alterstufen auftreten, vom Säugling bis zum Jugendlichen, wenngleich es eine klare Häufung im Vorschulalter zur Zeit der adenotonsillären Hyperplasie gibt. Es gibt keine Geschlechtspräferenz, lediglich im 2. Gipfel, dem Jugendalter, sind adipöse Knaben überrepräsentiert.

Ursachen des kindlichen OSAS

In 90% aller Fälle ist in der adenotonsilliären Hyperplasie die Hauptursache zu finden, sodass durch deren chirurgische Sanierung auch das OSAS sistiert.

Andere Ursachen sind:

  1. Obstruktionen: Allergien, Mittelgesichtssyndrome, Pierre-Robin Syndrome, versorgte Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, Achondroplasien, Choanalstenosen, Laryngo-Tracheomalazien

  2. Größe der oberen Luftwege und Muskeltonus: Hypothyreose, Adipositas, Trisomie 21, Prader-Willi, Zerebralparese, neuromuskuläre erkrankungen, Myasthenie u.a.

  3. mangelnder zentraler Antrieb bei Chiari-Fehlbildungen, Hirnstammerkrankungen u.a.

 

Typische Symptome bei OSAS

  1. Nächtliche Symptome: Schnarchen, Unruhe, Schwitzen, beobachtete Atempausen, paradoxe Atmung, gehäuftes nächtliches Erwachen, Schlafen mit überstrecktem Hals

  2. Tagessymptome: Tagesmüdigkeit, Hyperaktivität, Aggression, morgendlicher Kopfschmerz und Mundtrockenheit, gehäufte Infekte des Nasen-Rachenraums, schlechter Appetit

  3. Assoziierte Symptome:

a) nachlassende Schulleistungen und Konzentrationsprobleme aufgrund der
Tagesmüdigkeit führen oftmals erst auf die richtige Spur; konsequente Therapie
verbessert die Schulleistung wieder (1)

b) Enuresis nocturna kann durch verminderte ADH-Ausschüttung bei gestörter
Schlafarchitektur und durch das schreckhafte Erwachen auftreten.

c) Verminderter Appetit und erhöhter Grundumsatz im Schlaf können zu deutlich
schlechterer körperlicher Entwicklung bis zu einem dystrophem Bild führen.

d) Vor allem Kinder können den chronischen Schlafmangel durch Reizbarkeit,
Überaktivität und Aggression kompensieren, sodass bei Abklärung auf
ADHD-Problematik die Frage nach dem Nachtschlaf unbedingt gestellt werden sollte.

e) Ernste körperliche Folgen nach länger bestehendem schweren OSAS: Erhöhung des
arteriellen und pulmonalen Blutdrucks, Cor pulmonale

Diagnostik des OSAS

Das aktive Nachfragen des betreuenden Arztes nach typischen OSAS-Symptomen sollte zum Standard jeder umfassenden pädiatrischen Untersuchung zählen. Sind die Symptome hächstwahrscheinlich durch adenotonsilläre Hyperplasie begründet, so soll deren operative Sanierung angestrebt werden. In unklaren Fällen soll die Zuweisung zur nächtlichen Polysomnograpie in einem Kinderschlaflabor erfolgen. Dies gilt als Goldstandard, weil sich Screeningmethoden oder Kurzzeitableitungen in ihrer diagnostischen Vorhersagekraft deutlich unterlegen gezeigt haben.

Verbindliche Diagnoseparameter internationaler Organisationen fehlen bislang, als auffällig gelten aber sicherlich: Ein Apnoindex (AI) über 1, ein Apnoe/Hypopnoeindex >=5, begleitende Entsättigungen, Brady/Tachycardien und häufige apnoeassoziierte Arousals. Die Schlafarchitektur in der Verteilung von Leicht- und Tiefschlafanteilen kann durchaus ungestört sein, immer aber tritt eine Störung der Mikroschlafarchitektur im Sinne eines erhöhten Arousalindex bzw. von vermehrtem Kurzzeiterwachen auf.

Therapie des OSAS

  1. Bei adenotonsillärer Hyperplasie stellt die Adenotonsillektomie die Therapie der Wahl dar (2), wobei die Möglichkeiten der Tonsillotomie mit Laser- oder Radiofrequenzmethode bei entsprechender Indikation wegen der deutlich geringeren Nachblutungsgefahr ausgeschöpft werden sollten. In milden Grenzfällen kann ein Versuch mit nasal appliziertem Cortison Linderung bringen.

  2. Vor Einleitung einer dauerhaften Atemunterstützung sollen gemeinsam mit HNO-, Kiefer- und Thoraxchirurgen mögliche operative Sanierungen diskutiert werden.

  3. Ist eine ursächliche Therapie nicht möglich muss eine nächtliche Atemtherapie angewendet werden. Meist genügen spezielle weiche Nasen- oder Nasen/Mundmasken, die im CPAP- oder BIPAP-Modus im Rahmen einer Schlaflaborsitzung angepasst werden.

 

(1) Cognition, sleep and respiration in at-risk children treated for OSAS
Montgomery-Downs HE et al; Eur respir J 2005 Feb; 25 (2):336-42
(2) Clinical Practice Guideline: Diagnosis and Management of Childhood OSAS, AAP; Pediatr Vol 109, Nr 4; April 2002: 704-12

Schlaflabor für Kinder und Jugendliche